Höhliskiing…
Wer nun denkt, dass wir den Ausgangspunkt unserer Tour mit einem
Hubschrauber erreichten, der irrt! Wie bei jeder anderen Skitour
waren wir auch diesmal mit dem Auto unterwegs –es sollte aber keine
gewöhnliche werden. Sechs wackere Gamsen beschlossen ursprünglich
an der Tour teilzunehmen. Tatsächlich waren es dann doch nur vier:
Bernhard, Harald, Hermann und Roland. Einer war krank geworden und
einem weiteren war die Abfahrtszeit wohl einfach zu früh.
Nachdem
wir um acht Uhr Graz verlassen hatten, machten wir uns circa um neun
Uhr, perfekt im Zeitplan liegend, von der Gsollkehre aus auf den Weg.
Die ersten Meter ging es zum warm werden gemütlich flach, vorbei an
Hütten und verlassenen Forststraßen, in das Gsolltal. Und warm
konnte es einem werden. Die Temperaturen waren doch sehr
frühlingshaft. Auch von den im Wetterbericht prognostizierten
orkanartigen Windböen merkte man im geschützten Tal nur wenig. Auch
wenn es gemütlich war in das leicht geneigte Tal zu gleiten, so
waren wir vier Gamsen doch auf ein wenig mehr aus. Am Ende des Tales
und am Fuß der Frauenmauer angelangt wartete steileres Gelände auf
uns. In Spitzkehren und einem weitläufigen S ging es hinauf zum
Höhleneingang. Kurz unter dem Höhleneingang machten wir eine Pause.
Weil sich das für eine Rast ja auch gehört, dass man unterhalten
wird, so musste natürlich ein Missgeschick passieren. Mir fiel das
leere Sackerl meiner Felle die letzte „Steilstufe“, circa 50
Höhenmeter, hinunter. So konnten sich die anderen amüsieren und
davon überzeugen, dass meine Abfahrtstechnik mit Fellen noch
Optimierungspotential bietet.
Nachdem die extra Höhenmeter geschafft
waren, erreichten wir den westlichen Höhleneingang. Hier wurden die
Ski (oder das Splitboard) auf die Rucksäcke geschnallt und die
Stirnlampen ausgepackt. Wer nun glauben möchte, Missgeschicke
passieren nur den unerfahreneren Gamsen, der irrt. Unser ehrenwerter
Tourenführer packte seine Stirnlampe aus und siehe da, sie
funktionierte nicht. Nach langem hin und her konnte er sie dann zum
Glück doch noch zum Leuchten bringen.
Der
Einstieg in die Höhle zeigte sich schwieriger als gedacht. Es hatte
sich doch eine beachtliche Schicht Eis gebildet. Da jeder von uns aus
Gewichtsgründen auf Steigeisen verzichtet hatte, wurde es zu einer
rutschigen Angelegenheit, bis wir festen, felsigen Boden unter den
Schischuhen hatten. Gleich in der Nähe des Westeinganges gibt es
eine Höhlensackgasse, die im Winter auf jeden Fall einen Besuch wert
ist. Man findet dort riesige, faszinierende Eiszapfen, die wie
Tropfsteine von der Decke, aber auch vom Boden wachsen.
Um
die beiden unerfahreneren Gamsen in Bezug auf ihren Orientierungssinn
zu testen, wurden wir fürs Erste an die Spitze der Gruppe gestellt
und sollten den richtigen Weg finden. Natürlich ließen wir keine
Möglichkeit aus die falsche Abzweigung zu nehmen. So spendierten wir
uns, an einer Stelle an der die Höhle kurz doch recht eng wird, auch
eine kleine Klettereinlage - natürlich in eine falsche Nische.
Nachdem
wir uns bereits über 30 Minuten in der Höhle befanden und uns
langsam an die Finsternis und die Einsamkeit gewöhnten, sahen wir
seltsame Lichter in der Ferne haschen. Waren das unsere eigenen
Stirnlampen oder hatten wir uns getäuscht? Nein. In der Tat kamen
uns zwei Tourengeher entgegen. Eine sehr skurrile Zusammenkunft.
Jeder mit Tourenski (oder Splitboard) am Rucksack und erstaunt
darüber an diesem Ort andere Menschen zu treffen.
Nach
diesem unerwarteten Treffen hatten wir keinen weiten Weg mehr vor
uns. Schon bald leuchtete gleisend das Tageslicht in die letzte große
Höhlenhalle. Auf den Bänken vor dem Osteingang wurde eine kleine
Jausenpause eingelegt und das weitere Vorgehen diskutiert. Einstimmig
entschieden wir uns dazu auf der Ostseite abzufahren und unten
nochmals aufzufellen. Im Nachhinein war dies bestimmt die beste
Entscheidung, da wir uns so eine Querung des steilen Osthanges
ersparten. Nach einer feinen Abfahrt mit gemischten
Schneeverhältnissen, die großteils aber sehr gut waren, erreichten
wir wieder den Talboden. Von dort wurde der Schnee weicher und das
Zurücklegen der letzten Meter zum Auto wurde nochmals intensiver.
Im
Gasthaus Meisenbichler in Traboch gab es dann für mich, zum
gemütlichen Ausklang einer wirklich tollen Tour, die legendäre
Fuhre Mist. Auch wenn wir unsere Destination nicht mit einem
Hubschrauber erreichten, so war es doch ein faszinierendes und
wunderschönes Erlebnis durch die mit riesigen Eiszapfen verwachsene
Höhle zu steigen.
Bernhard Guggenberger