Mittwoch, 20. Oktober 2010

hey mountain lo - klettern am nadelspitz

Meine bisherigen Klettererfahrungen beschränken sich auf ein bis zwei Handvoll Aufenthalte in der Kletterhalle. Diese anfängertaugliche Tour auf den Nadelspitz kommt mir da wie gerufen um mal das "richtige" Klettern auszuprobieren.

Los geht es früh morgens in Graz. Hier ist das Wetter noch trüb und diesig, aber der Gipfel des Nadelspitz wird doch in der Sonne liegen. So hoffen wir zumindest als wir in die Autos steigen und losstarten.

Eine Dreiviertelstunde später, am Parkplatz der Bärenschützklamm, zeigt sich das Wetter kaum anders als bei der Abfahrt: trüb, wolkenverhangen, kalt, richtig kalt. Bis wir oben beim Nadelspitz sind wird es doch wohl wärmer sein.

Namen austauschen, Ausrüstung verteilen und es geht los. Eine doch recht große Gruppe sind wir geworden, zwölf Leute. Beim Aufstieg im Wald wird uns wieder wärmer doch noch bevor wir richtig ins Schwitzen kommen können strahlt zwischen den Baumwipfeln der Nadelspitz hervor und wir stehen vor unserem Ziel. Die Wolken sind immer noch da. Die Kälte auch.

Vor uns sind noch andere Kletterer unterwegs und auch wir teilen uns in mehrere Gruppen auf. Eine entscheidet sich für die Grastöterdiagonale, eine Gruppe versucht sich erst an den Sportkletterouten der Ostwand, eine nimmt den einfacheren Einstieg in die Südkante und die vierte Gruppe, der auch ich mich anschließe, wagt den "grauslichen" Spreizschritt.

Ich bilde den Abschluss meiner Gruppe und kann zusehen wie Angie, über mir, vor dem Spreizschritt innehält und offenbar einige innere Kämpfe auszutragen hat. Sollte es echt so schlimm sein? Dann ist sie drüber.

Jetzt bin ich dran. Wo sind die anderen überhaupt raufgeklettert? Ich habe zwar zugeschaut aber mir nix gemerkt. Da hilft nur ausprobieren. Zum Glück schaut mir niemand zu, ich weiß weder wohin mit den Händen noch wo meine Füße Platz finden können.

Schnell finde ich dann doch wieder ins Klettern rein und lege die ersten Meter zurück. Dann stehe ich auch schon vor der Psychostelle. Gut festhalten, durchatmen, schauen wo ich hinsteigen kann und dann drüber. So zumindest der Plan. Vielleicht warte ich aber doch noch ein bisserl und schaue ob ich eine bessere Stelle zum hinsteigen finde? Oder vielleicht kann ich ja noch runter um es mir anders zu überlegen? Nein, ich fasse meinen Mut und will rübersteigen. Jetzt! Nein, gleich! Aber jetzt echt! Wieso stehe ich immer noch da?

Noch mal von vorn! Durchatmen, genau überlegen wo ich drüben hingreifen und -steigen will und es ist vollbracht. Zumindest die Hälfte. Breitbeinig stehe ich über dem Abgrund und kann wenigstens nicht mehr zurück. Also weiter! Hochziehen, das zweite Bein nachholen und ich hänge in der Wand. Drüben hatte ich zumindest Zeit zum überlegen, hier wird mir schnell die Kraft ausgehen. Irgendwie finden meine Finger dann doch immer Risse und Vorsprünge zum festhalten, die Füße müssen auch nicht frei herumbaumeln und so kämpfe ich mich nach oben. Das meist recht straff angezogene Sicherungsseil gibt mir seelische Unterstützung. Passieren kann nichts. Nur warum zittern dann meine Gliedmaßen derartig? Es muss wohl an der Anstrengung liegen...

Je weit ich raufkomme desto besser geht es. Beim ersten Stand eingehängt und schon legen sich auch Ängste und Anspannungen. Es war viel schlimmer als ich es mir vorgestellt hatte aber eigentlich ganz harmlos. Trotzdem wechsle ich zur einfacheren Gruppe. Jetzt will ich nur noch auf den Gipfel, ohne Extramutproben.

Das ist dann auch bald geschafft und oben können wir es uns gemütlich machen und erst mal die Jause genießen. Kalt ist es immer noch und die Sonne spielt auch weiterhin Verstecken, aber dort oben stört uns das nicht. Timon hat heißen Tee mitgebracht, Essen ist auch genug da und so
ist es fast gemütlich.

Nach einem Gruppengipfelfoto geht es ans Abseilen. Die zweite Überwindung für mich heute. Gut fünfzig Meter Nichts unter mir und ich hänge nur an dem kleinen Metallring? Daran muss ich mich erst mal gewöhnen. Nach einer kurzen Einweisung geht es runter und kurz darauf stehe ich, fast ohne Zwischenfälle, wieder am sicheren Waldboden.

Nach und nach finden sich unsere Gruppen wieder beim Einstieg ein und wir beraten ob wir noch was tun oder uns alle auf den Heimweg machen wollen. Der angesagte Regen will sich ebensowenig zeigen wie die erhoffte Sonne so, dass wir schon noch klettern könnten. Einigen ist es zu kalt und sie steigen zum Parkplatz ab, während wir noch für ein paar Stunden die Kletterrouten in der Ostwand unsicher machen.

Kurz bevor die Dunkelheit hereinbricht brechen wir auf um uns beim Parkplatz noch auf eine Suppe und ein Getränk ins Wirtshaus zu setzen. Die Wirtin wirkt ob der unerwarteten Gästeschar ein wenig überfordert aber letztendlich bekommen wir alle was wir wollen.

Verabschiedungen bei den Autos. Bei Allen die Begeisterung über den erlebten Tag und der Wunsch bald mal wieder draußen zu klettern.

Trotz des mäßigen Wetters war es ein traumhaft schöner Tag. Ich konnte eine Vielzahl neuer Erfahrungen und sympathischer Bekanntschaften machen. Danke an euch, die ihr das Ganze organisiert habt, und mich und wohl auch die anderen Anfänger "angefixt" habt!



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